„Fotografieren lernen – Wie funktioniert eine Kamera“
Teil 4 - Licht
Was ist Licht und wie nutzt man es in der Fotografie?
Natürlich geht es in der Fotografie um die Blende, den richtigen ISO Wert und die perfekte Belichtungszeit. Doch vorallem benötigt man: das richtige Licht.
Wie erklärt man aber was das “richtige” Licht ist? Oft geht es bei der Lichtsetzung um den persönlichen Geschmack, die Bildidee und vorallem um das eigene Bauchgefühl. Technische Fakten wie Blende, ISO etc. lassen sich gut erklären. Beim Licht entwickelt man aber irgendwann den Blick für besondere Situationen und lernt “das Licht zu lesen”.
Aber was ist eigentlich Licht? Wikipedia sagt dazu: “Licht ist eine Form der elektromagnetischen Strahlung. Im engeren Sinne sind vom gesamten elektromagnetischen Spektrum nur die Anteile gemeint, die für das menschliche Auge sichtbar sind.” Klingt ja recht logisch… aber wie können wir dies nun in der Fotografie nutzen? Welche Arten von Licht gibt es und was sieht gut aus?
Es gibt diese magischen Momente, wenn das Licht die Umgebung toll aussehen lässt und man als Fotograf den Atem anhält. Oft dauern solche Lichtstimmungen nur wenige Sekunden oder Minuten an. Das natürliche Sonnenlicht kann die schönsten Momente zaubern aber andererseits auch harte, unerwünschte Schatten setzen. Hier hat man es mit künstlichem Licht mit Blitz oder LEDs oft etwas einfacher das Licht nach den eigenen Vorstellungen zu platzieren.
Aber welche Lichtarten gibt es eigentlich?
Natürliches Licht
Unsere natürliche Lichtquelle, die Sonne, liefert uns mehr als genügend Licht zum fotografieren. Sie erscheint uns aufgrund der Entfernung als relativ kleiner Lichtpunkt am Himmel und wirft bei direkter Strahlung recht harte Schatten. Wir müssen uns allerdings bei Position und Lichtstärke danach richten, was der Tag und die Uhrzeit uns anbietet. Also müssen wir unser Motiv dementsprechend bewegen um das Licht der Sonne sinnvoll zu nutzen. In der Praxis weicht man in den Schatten aus oder lässt die Sonne indirekt auf das Motiv strahlen(z.B. über eine Hauswand). Bei der Position der Lichtquelle empfiehlt sich eine etwas tiefer stehende Sonne, da die hoch stehende Mittagssonne meist für einen unschönen Schattenwurf bei einer Person sorgt.
Künstliches Licht
Im Gegensatz dazu das künstliche Licht(Blitze, Lampen, LEDs). Mit künstlichem Licht kann man Position, Höhe und Lichtstärke frei bestimmen. Ist der Blitz zu hart nutzt man Diffusoren / Softboxen um Licht und Schatten weicher zu bekommen. Man kann das Licht nach Wunsch positionieren und auch die Größe der Lichtquelle selbst bestimmen. Als Faustregel gilt: je größer die Lichtquelle umso weicher das Licht(dazu aber später noch mehr).
Lichtrichtung
Trifft Licht auf einen Gegenstand, so ist entscheidend aus welcher Richtung das Licht kommt. Grundsätzlich lassen sich folgende Varianten unterscheiden:
1. Frontal-licht
Das Licht strahlt in Aufnahmerichtung (auch Frontallicht genannt), der Fotograf hat die Lichtquelle im Rücken. Schatten sind kaum zu erkennen, weil sie sich hinter dem Motiv befinden. Schwarzweiß-Bilder wirken mit diesem Licht oft flau, da alles zu flach ausgeleuchtet ist und die “tiefe” im Bild fehlt.
2. Seitenlicht
Kommt das Licht von der Seite, zum Beispiel in einem Winkel von 30 bis 60 Grad zur Aufnahmerichtung, entsteht auf der dem Licht abgewandten Seite ein Schatten. Seitenlicht wirkt modellierend, es arbeitet Formen und Strukturen eines Motivs heraus. Bei Porträts bietet es sich manchmal an, die vom Licht abgewandte Seite des Gesichts etwas aufzuhellen.
2.1 Rembrandt-Licht
Der Name Rembrandt-Licht leitet sich vom niederländischen Maler Rembrandt von Rijn ab, der das charakteristische Dreieck, das bei dieser klassischen Lichtsetzung auf der Schattenseite des Gesichts auftritt, in seinen Gemälden sehr häufig einsetzte.
Beim Rembrandt-Licht ist die eine Seite des Kopfes ausgeleuchtet, während die andere Seite fast völlig im Dunkeln verschwindet... nur das charakteristische Lichtdreieck zeichnet sich auf der Schattenseite unter dem Auge ab. Diese Art der Lichtsetzung wird sehr häufig in der Portraitfotografie eingesetzt.
2.2 Streiflicht
Das Streiflicht heisst so, weil es in einem sehr spitzen Winkel auf das Motiv trifft und dabei eher die Konturen betont. Streiflicht kann von der Seite kommen oder von oben und ist oft eine extreme Form des Seitenlichts. Hier arbeitet mit sehr viel Schatten und betont nur Konturen des Motivs/der Person.
3. Gegenlicht
Gegenlicht stellt eine große Herausforderung für den Fotografen(und Kamera) dar, bietet aber gleichzeitig auch viele Gestaltungsmöglichkeiten. Die typischen Gegenlichtsituationen entstehen oft in der Natur bei sehr tief stehender Sonne. Der Sonnenuntergang eignet sich hier sehr gut. Aber auch im Studio bzw. mit künstlichem Licht lassen sich Gegenlicht-Situationen erstellen.
“Zwischen 11 und 3 hat der Fotograf frei”
In einem Studio können wir unser Licht nach Wunsch setzen. Was aber machen wir draußen in der Natur? Dort wo wir mit der Kamera unterwegs sind und uns an die Lichtverhältnisse anpassen müssen. Das Sprichwort “Zwischen 11 und 3 hat der Fotograf frei”(was übrigens nicht stimmt ;) ) zeigt jedoch, wie wichtig die Position der Lichtquelle ist. Hier empfiehlt es sich selten das direkte Sonnenlicht zu suchen, außer evtl. in Gegenlichtsituationen. Auch die Uhrzeit ist sehr wichtig für eine gute Lichtsetzung. Eine tiefer stehende Sonne ist da immer die bessere Wahl.
Direktes Licht / Indirektes Licht
In der prallen Mittagssonne kann man indirektes Licht sehr gut für die Fotografie nutzen. Wenn es draußen extrem sonnig ist sucht man den Schatten und nutzt z.B. eine Hauswand oder einen Reflektor. Das Sonnenlicht wird so sehr flächig und weich auf die Person geworfen. Aber auch ein bewölkter Himmel wirkt auf das Sonnenlicht wie eine riesige Softbox die man im Studio nutzen würde. Hier gilt… je größer die reflektierende Fläche umso weicher wird das Licht. Achtet aber auf jeden Fall darauf dass das Licht nicht(bzw. nicht zu stark) von unten zurück reflektiert.
Hartes Licht / Weiches Licht
In der Fotografie unterscheidet man bei der Ausleuchtung eines Motivs zwischen hartem Licht und weichem Licht. Je nach gewählter Lichtart ergeben sich daraus unterschiedliche Effekte, die die Bildidee des Fotografen unterstreichen oder ihr bei falscher Lichtsetzung auch entgegenwirken können.
Hartes Licht wirft harte Schatten. Die Schattenränder zeigen klare, scharfe Kanten die in der Portraitfotografie meist eher unerwünscht sind. Hartes Licht wird meist durch kleine Lichtquellen erzeugt. Je kleiner die Lichtquelle ist(bzw. je weiter sie vom Motiv entfernt ist), desto härter ist der Schattenwurf. Die Sonne ist aufgrund der Entfernung für uns nur eine kleine Lichtquelle die dementsprechend hartes Licht wirft.
Weiches Licht wirft hingegen weiche oder gar keine Schatten, wie z.B. das Licht an einem bewölkten Tag. Das Licht kommt dabei nicht punktuell aus nur einer Richtung, wie es bei Sonne der Fall ist, sondern diffus aus verschiedenen Richtungen. Dementsprechend verlaufen die Kanten des Schattens weich und unscharf. Hier wirken die beleuchteten Wolken wie eine große Softbox die man im Studio einsetzen würde.
Entfernung und Größe der Lichtquelle
Die Entfernung und Größe der Lichtquelle bestimmt maßgeblich die Eigenschaften von Licht und Schatten. Ein kleiner Blitz direkt über der Kamera wird immer ein hartes Licht erzeugen sowie ein sehr flach ausgeleuchtetes Bild. Eine große Lichtquelle hingegen wird für eine weiche Ausleuchtung sorgen. Je größer die Lichtquelle wird, umso weicher wird das Licht da es nicht so punktuell sondern mit größerer Streuung auf das Motiv trifft.
Zusätzlich spielt die Entfernung eine wichtige Rolle. Je weiter man die Lichtquelle vom Motiv entfernt, umso härter werden die Schatten.
Zusammenfassung
Das Licht ist der entscheidende Faktor für ein gutes Bild. Man unterscheidet zwischen “natürlichem Licht” und “künstlichem Licht”. Die Sonne als natürliche Lichtquelle kann in vielfältiger Weise genutzt werden. Entweder direkt oder indirekt über reflektierende Gegenstände. Außerdem spielen sowohl Lichtrichtung als auch Größe und Entfernung der Lichtquelle eine wichtige Rolle bei der Beleuchtung eines Motivs/einer Person.
In erster Linie ist die Lichtsetzung aber auch eine Sache des eigenen Geschmacks. Möchte ich ein hartes, kontrastreiches Bild oder lieber eine sehr weiche Ausleuchtung? Mit ein bisschen Übung lernt man das Licht zu lesen. Man erkennt was gut aussieht und was unvorteilhaft wirkt.
In meiner Portraitgalerie oder der Hochzeitsgalerie findest du einige Bilder die verschiedene Lichtsituationen in der Natur und im Studio zeigen. Schau gerne mal rein. Vielleicht kannst du versuchen die Lichtverhältnisse zu erraten und so ein bisschen Üben das Licht zu lesen.
Tipps und Hinweise
In der Natur: Suche den Schatten und nutze nach Möglichkeit Reflektionen von großen Gegenständen für eine gleichmäßigere Ausleuchtung. Achte bei den Reflektionen aber darauf, daß sie nicht zu stark von unten kommen. Dies würde für eine ungewohnte Ausleuchtung sorgen. Unser Auge bzw. ästhetisches Empfinden ist darauf konditioniert, dass wir Licht von Oben gewohnt sind. Achte beim Schatten unter Bäumen darauf, dass keine Sonnenflecken im Gesicht sind. Dies führt im fertigen Bild selten zu einem guten Ergebnis.
Im Studio bzw. mit künstlichem Licht: Ich nutze gerne große Lichtquellen und setze das Licht oft im 45-Grad-Winkel auf Stirnhöhe. Dies sorgt für einen Schattenverlauf unter dem Kinn sowie auf einer Gesichtshälfte und bringt tiefe ins Bild. Die Schattenseite ist bei mir oft die der Kamera zugewandten Seite(rechtes Bild). Dies ist aber nur mein persönlicher Geschmack.
Bei Fragen könnt ihr mir gerne eine Email schreiben.
Liebe Grüße und viel Spaß beim ausprobieren.
Andi Wustl :)